A possible end - An homage to 'Waiting for Godot'
Das Vogelgezwitscher über dem Schwarzbild bereitet vor auf jene in die Natur eingelassene Weggabelung, deren zwei mögliche Pfade vom Vorder- in den Hintergrund, jedenfalls Richtung Zukunft führen. Die Farbenpracht der Bildkomposition von Deniz Arslans Kurzfilmdebüt A possible end. An homage to Waiting for Godot reicht vom satten Grasgrün über anmutiges Ocker hin zum klaren Himmelsblau: In diesen klassischen Ausschnitt treten zwei Männer mit Hut.
Der eine in Hemd und Trainingsjacke (Stefano Bernardin), der andere in gesetzter Kleidung (David Wurawa), der eine impulsiv und emotional, der andere ruhend und bestimmt. Sie sind unschwer als Widergänger aus einem Grundsatztext des 20. Jahrhunderts zu erkennen: In Arslans Re-Interpretation der Beziehung zwischen Vladimir und Estragon, einem Zentralpaar aus Samuel Becketts Warten auf Godot, lässt sich die Teilung zwischen Intellekt und Körper, zwischen Befehlendem und Befohlenem wie im Original erfahren. Diskussionen über Zigaretten und ausgeliehene Hemden, über Zukunftswege und Vergangenes und den abwesenden Godot stellen Arslans Arbeit zuerst zwar als konventionelles Fragment des Stückes aus, doch ist A possible end gemäß des Titels mehr eigenständiger Epilog denn x-te Neudenkung.
Gerade in jener spielerischen Herangehensweise, in der respektvollen Respektlosigkeit findet der kurze Film seine Stärke. Sie belegt einerseits eine Auseinandersetzung mit der Genese von Erzählformen, Topoi und Motiven, andererseits aber auch eine notwendige Jugendlichkeit im Sich-Aneignen und Fortführen von Fremdmaterial, in der angenehmen Distanz vom Kanon. Was wäre also, wenn die beiden Männer das Warten auf Godot satt hätten? Mit Warnungen, Empfehlungen und guten Vorsätzen trennen sich diese Liebenden von ihrer gemeinsamen Geschichte und marschieren in einen farbsatten Horizont. Genau so muss eine Hommage aussehen.
(Markus Keuschnigg)
A possible end - An homage to "Waiting for Godot"
2007
Österreich
10 min