ORDER-RE-ORDER
"Particels in Space" und "Free Radicals" heißen zwei Filme des neuseeländischen Künstlers Len Lye, die er 1979 fertig stellte. Auf Schwarzfilm gekratzte Striche und Punkte tanzen darin (scheinbar) ungeordnet zum Rhythmus afrikanischer Trommeln über die Leinwand. Als Meisterwerke des abstrakten Films bilden sie eine Klimax in Lyes künstlerischer Erforschung einer "cineaesthetischen Wahrnehmung", die allein von der Energie der Bewegung geleitet wird. Dem Prinzip dieser Erfahrung folgen auch die abstrakten Videos von Barbara Doser und Hofstetter Kurt, die sie unter dem Label Parallel Media herstellen. Als optische und akustische Reize zielen sie unmittelbar auf die Netzhaut und in die Gehörgänge und damit direkt ins Gehirn der Betrachter. Die jüngste Arbeit ORDER-RE-ORDER folgt einem Theorem Einsteins, dass "nichts existieren kann ohne Ordnung und nichts entstehen kann ohne Chaos".
Visueller Ausgangspunkt ist dabei ein Video-Feedback, das einen Ring rotierender Lichtpunkte formt. Durch wiederholtes Abfilmen von einem Monitor, an dem die Geschwindigkeit des Bildlaufes manipuliert wird, entsteht die Animation und Beschleunigung der Lichtzellen, die mehrfach ins Chaos stürzen. Bedingt durch die Trägheit der menschlichen Sinneswahrnehmung verlieren sie ihre Form und "Farbe" und rasen als Partikel durch den schwarzen Kosmos der Leinwand.
Die akustisch-musikalische Ebene - dem topologischen Modell einer Möbius-Schleife nachempfunden, die eine ununterbrochene und unendliche Bewegung von innen nach außen und wieder nach innen zulässt - erweist sich dabei in keiner Weise als ein paralleles Universum. Vielmehr fungiert der Ton, das pochende Echosignal, die sphärischen Wolken und das mehrstimmige Summen, das gegen Ende dominiert, als eine Art Impulsgeber, der die Bewegungsrichtungen der Lichtzellen zu steuern scheint. Und wenngleich bisweilen für kurze Augenblicke sogar visuelle Muster im Wirbel der weißen und grauen Kreisflächen entstehen, bleibt die angestrebte Neu-Ordnung, die sich aus dem Chaos schöpfen könnte, doch auch am Ende ungewiss und dem Fluss der Bewegungsenergie überlassen.
(Gerald Weber)
ORDER-RE-ORDER (texte français)
Point de départ visuel, une rétroaction vidéo forme un cercle de points lumineux tournant sur eux-mêmes. En refilmant plusieurs fois la vidéo sur lécran après avoir manipulé la vitesse de déroulement des images, on obtient une animation et une accélation des cellules lumineuses qui plongent régulièrement dans le chaos.
Du fait de la lenteur de la perception sensorielle humaine, les cellules perdent leur forme et leur couleur, particules traversant à toute allure le cosmos noir de lécran.
Le plan acoustico-musical conçu selon le modèle topologique dun ruban de Möbius qui permet un mouvement ininterrompu et infini de lintérieur vers lextérieur, puis à nouveau vers lintérieur ne se présente nullement ici comme un univers parallèle. Au contraire, le son le signal décho et ses battements, les nuages sphériques, le bourdonnement polyphonique qui domine vers la fin agit comme une sorte de générateur dimpulsion qui semble imposer aux cellules lumineuses la direction de leurs mouvements.
Et sil arrive même que, ne serait-ce que pour de brefs instants, des motifs visuels se dégagent du tourbillon des sphères blanches et grises, le nouvel ordre escompté qui pourrait naître du chaos, reste finalement incertain, abandonné au flux de lénergie motrice. (Gerald Weber)
Traduction: Françoise Guiguet
ORDER-RE-ORDER
2006
Österreich
7 min