Peng-Peng
Peng-Peng ist die found footage Konstruktion zweier Szenen, die durch die Aufnahme eines gekippten Sessels getrennt ist. Peng-Peng beginnt mit einer düsteren Waldaufnahme. Die erste Szene wird von einem Mann im Profil dominiert, der einer, am rechten Bildrand kaum wahrnehmbaren Frau etwas sagen will, aber immer wieder durch Blitze unterbrochen wird. Dann erhebt sich eine nackte Frau aus einem Sessel. Im Gegenschnitt verschwindet die an den Bildrand gedrängte Frau, quer durch das Filmbild gehend, während sich die nackte Frau wiederum aus dem Sessel erhebt. Gekippter Sessel.
In der zweiten Szene sieht man, in frontalen Großaufnahmen, abwechselnd die Gesichter meiner zwei found footage-Darsteller: "Hey Joe" - der Mann mt dem starren Blick (aus Organics, 1999) und "Oh! Jim" - der Typ mit dem Zahnstocher (aus Verdrehte Augen, 2002).
Zwischen die in sich wiederholenden Blickfolgen von "Hey Joe" und "Oh! Jim" sind kurze Szenen montiert, die Fleischstücke, einen Wichser, einen vollen und leeren Suppenteller, einen Kuss, einen weiblichen Rückenakt, Finger, die eine Möse streicheln, eine klaffende Operationswunde und eine Penetration zeigen.
Am Filmende abrupt die Waldszene des Anfangs, jetzt in strahlend schönem Wetter. Ein Flugzeug durchfliegt den blauen Himmel...
Als Basiston hört man immer wieder das Wählen und das ins Leere Läuten eines Telefons, unterlegt mit Straßenlärm, Hundebellen, hallenden Schritten und Kirchenglocken.
(Dietmar Brehm)
Signal-Töne und Signal-Bilder, verschränkt zu einem Rebus-artigen Schnitt-Krimi. So könnte man den Bauplan von Peng-Peng umreißen, der bekanntes Material aus dem Brehmschen Footage-Archiv neu kombiniert und in ein Rahmen-Narrativ bettet. Da ist zunächst der grummelnde Ton eines alten analogen Wählscheibentelefons, ein Läuten, das keinen Adressaten findet. Dazu die Einstellung eines düster verhangenen Waldstücks (einer der wenigen "selbst gedrehten" Teile des Films). Signalhaft kündigt die Szene an, dass hier schwerlich Gutes und schon gar keine lösbare Geschichte folgen kann.
Dann die erste Episode mit einem Männergesicht im Profil, das zunächst ins Leere spricht und schließlch, in der Wiederholung, von einer aus dem Bild gehenden Frau ergänzt wird. Diese Schnittfolge, durchdrungen von dem Brehm-typischen "Pump-Effekt", stellt gleichsam Affektwerte der darin isolierten Einzelmotive frei. Embleme des Schauens, ja eines affektgeladenen Stierens sowie eines ergänzenden aber niemals deckungsgleichen Geschaut-Werdens.
So auch in der zweiten Szene: Hier sind es die häufig verwendeten Footage-Gesichter früherer Brehm-Werke - popmythologisch verbrämt nennt er sie "Hey Joe" und "Oh! Jim" -, die zunächst eine Schuss-Gegenschuss-Schleife zu bilden scheinen. Aber alsbald kommt auch hier, begleitet von signalartigem Hundegebell, Donnergrollen und Glockenläuten, ein Drittes ins Spiel, das die geschlossene Blickfolge sprengt. Fleisch, ein Löffel, schließlich die immer voyeuristischer kodierten Bilder eines masturbierenden Mannes, eines Kusses, einer Operationswunde und schließlich einer Penetration - all das verschränkt sich piktogrammartig zu einer Mystery-Montage, die zuletzt auch das "Oh! Jim"-Gesicht in eigens markierter Unschärfe verblassen lässt. Im Schlussbild eines sonnendurch fluteten, grünen Waldstücks deutet sich eine (Er)lösung an. Allein ihre Abgespaltenheit ist es, welche die Undurchdringlichkeit von Peng-Peng bis zuletzt bewahrt.
(Christian Höller)
Peng-Peng
2006
Österreich
7 min