Hallo
Das Wort "Hallo" bezeichnet in Österreich nicht nur einen Gruß, sondern auch einen Ausdruck der Überraschung und der Anerkennung. Dietmar Brehm bezieht sich mit diesem Titel auf den Moment, in dem er auf Filmmaterial stößt, das ihn unmittelbar inspiriert. In diesem Fall handelt es sich um einen sowjetischen Weltkriegsfilm auf 16mm, aus dem er eine 39 Sekunden lange Sequenz zu einem Loop montieren ließ: Das gleißende Artilleriefeuer vor schwarzem Nachthimmel sprengt in Hallo seinen eigenen historischen Kontext. Es bekommt eine abstrakte Schönheit, die Brehm mittels der Tonspur in ein neues Verhältnis setzt. Zu hören sind alltägliche Geräusche aus einem Badezimmer: Eine Person rasiert sich, eine zweite benützt die Toilette und löst mit der Spülung ein kräftiges Geräusch aus. Hallo enthält eine Positionsbestimmung des Filmemachers Dietmar Brehm. Indem er die Profanität der Geräusche mit dem durch Wiederholung überhöhten und durch die Lösung aus dem Kontext gelösten Kriegsmotiv verbindet, vermittelt er das "kleine" Leben mit einem "großen" Zusammenhang, der dem Künstler nicht mehr durch eigene Erfahrung, sondern durch Überlieferung zugänglich ist. Er macht es sich zueigen, indem er es nicht auf ursprüngliche Bedeutung, sondern auf nachträgliche Faszination hin untersucht. Die Zerstörung, von der Kriegsfilme immer handeln, wandert in Hallo in das hors-champ des ausbleibenden Gegenschusses, und in das Off des Tons, wo vegetative Prozesse verarbeitet werden. So verwandelt Dietmar Brehm in Hallo einen Kriegsfilm in einen abgründigen Friedensfilm.
(Bert Rebhandl)
1997 entdeckte ich in einer alten Filmdose im ehemaligen Movies-Center-Wien einen russischen 16mm-Film aus dem zweiten Weltkrieg, quer durch mit vielen wüsten Kampfszenen. Besonders gefiel mir eine 39 Sekunden lange, stark blitzende Nachtaufnahme eines Geschützfeuers. 2004 ließ ich von Dipl. Ing. Ludwig Draser (Andec-Filmtechnik Berlin) die 39 Sekunden lange Geschützfeuerszene, so oft Ludwig Draser wollte, zu einem Loop kopieren.
Als ich das Ergebnis sah, dachte ich "Hallo", damit war der Filmtitel klar. Für den Ton adaptierte ich eine Aufnahme, in der sich jemand ungewöhnlich lange rasiert, während eine zweite Person ab der Hälfte des Filmes uriniert, und in Folge ein sehr langes WC-Spülgeräusch auslöst...
Man muss sich keine Gedanken machen, was Hallo bedeuten könnte. Der Film ist einfach nur schön im aufblitzenden schwarz-weiß-Kontrast des Bildes und dem geheimnisvoll wirkenden Ton. Die Tongestaltung war meine letzte Arbeit bei der Listo, bevor die Listo in Konkurs ging.
(Dietmar Brehm)
"Hallo" - texte français
Hallo
2006
Österreich
7 min 5 sek