globe

In der Mythologie repräsentieren die Spinnerin und die Weberin Beständigkeit im Lauf der Zeit. Der Lebensfaden, der nicht durchtrennt werden darf, ist ein ebenso vitales Symbol wie der Ariadnefaden, der aus dem Labyrinth wieder hinausführt. Kontinuierlich dreht sich in globe eine Garnrolle. Die erste Einstellung lässt noch nicht erkennen, ob die Spule den Faden aufnimmt oder abgibt. Mit fortlaufender Rotation wickelt sie immer mehr Garn auf und zeigt sich in ansprechend bunten Verflechtungen und Formen. Zeitweise erscheint sie als Stoffkugel, deren Blau und Gelb an die geografische Darstellung von Meer und Wüste denken lässt.
Eine Reise zu Textilfabriken in Indien diente PRINZGAU/podgorschek für den Film als Ausgangspunkt. Wenn in den letzten Jahren ein Wirtschaftszweig zum Inbegriff neoliberaler Globalisierung geworden ist, dann die Textilindustrie. Das Bekanntwerden von deren „sweat shops“ hat deutlich gemacht, dass längst überwunden geglaubte Ausbeutungsverhältnisse wie aus der Frühzeit der Industrialisierung noch heute existieren.
In globe wird das ästhetische Bildgeschehen von der Aufzählung unheilvoller Fakten konterkariert. Eine kühle Frauenstimme (im engl. und ital. eine Männerstimme) spricht über die „soziale und öko-nomische Katastrophe“ in die das hemmungslose Profitstreben einer „Superklasse von Reichen“ führt: die Ohnmacht der Politik gegenüber skrupellosen Konzernen, die Kluft zwischen Arm und Reich und der ökologische Raubbau, der die fundamentalen Ressourcen der Menschheit erschöpft. Der Faden unserer Kleidung verbindet uns mit der Textilarbeiterin am anderen Ende des Globus. Einstweilen dreht sich die Spule weiter. Es kann nicht mehr lange dauern, bis sie ob ihres Gewichts kollabiert.
(Nicole Scheyerer)

Orig. Titel
globe
Jahr
2005
Land
Österreich
Länge
6 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Verschiedene
Downloads
globe (Bild)
Credits
Regie
PRINZGAU/podgorschek
Schnitt
Gottfried Gusenbauer
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264)