Die Badenden
Ein berauschender Tanz aus Farbflecken, Unreinheiten, Verschleißspuren. Die erdfarben-abstrakte Textur erinnert an Stan Brakhage. Aber halt: Dahinter schimmert
ein reales Bild hervor. Eine Frau - in Badeanzug und Badehaube - geht schwimmen, dreht im Pool unbekümmert ihre Runden. Die easy-listening-Musik gibt der Szenerie einen vergnügten Tonfall. Doch das Nachtmittagsidyll währt nicht lange. Der Soundtrack kippt jäh ins Bedrohliche, wendet den Film buchstäblich in einen Horrortrip: Die Frau droht in den Schlund des wuchernden, amorphen Formengewächses gezogen zu werden. Nur der deus ex machina legt seine schützende Hand über sie. Durch die vertikale Bilddestabilisierung beginnt das Bild zu baumeln, wild zu federn, und es scheint, als würde diese unvermittelte Interaktion ihre einzige Rettung sein. Ihr Mann, der den Vorgang von einer Hollywoodschaukel aus mit der Kamera festhält, eilt zur Hilfe, springt in den Pool. Und verschwindet. Johannes Hammel folgt einer von der Avantgarde immer wieder gerne angewandten ästhetischen Strategie: Die stark selbstreflexive Nachbearbeitung von found footage. Dabei greift er ein tradiertes und oft variiertes Motiv der Kunstgeschichte auf. Nicht wenige Künstler haben in ihren Werken Badende zum Thema gemacht: Die Impressionisten, Picasso, Matisse. Seine Affinität zur Malerei macht Hammels Badende auch in besonderer Weise sichtbar: In den Schraffuren, Kratzern und Krusten, die, wie man meinen könnte, auf Krakeluren, auf krasse Schäden von Gemälden verweisen. Die Badenden ist als kurzweilige Etüde angelegt, die aber nachhaltig Fragen zu Verfall und Vergänglichkeit aufwirft, vor allem in Hinblick auf sein Ausgangsmaterial. Als Urlaubsfilm ist es Teil jener Filmgeschichte, die zumeist verborgen bleibt: im Privaten, in den Wohnzimmern vor sich hinmodernd, verkümmernd, im Begriff zu verschwinden.
(Lukas Maurer)
Die beiden Protagonisten eines alten Urlaubfilms werden einer chemikalischen Zersetzung des Filmmaterials ausgeliefert: Eine badende Frau, vom Filmprojektor im Bild hin- und hergerissen, sucht vergeblich Halt am Sprungbrett des Swimming-Pools. Ihr Mann, der die Szene aus einer Hollywood-Schaukel beobachtet, springt in ein Meer aus abstrakten, verwaschenen Filmkörnern und verschwindet darin.
Alte Urlaubsfilme sind dem Verfall preisgegeben. Dem das Materials ebenso wie dem des Gedächtnisses. Die Badenden macht Verfall und Vergessen sichtbar: So wie das Trägermaterial einer Zersetzung ausgeliefert wird, so erlischt auch die Erinnerung an das, was einmal auf ihm zu sehen war.
(Viennale Katalog, 2003)
Die Badenden
2003
Österreich
4 min