G.S.I.L.XII/ +
In den digitalen Videoproduktionen der Grafikdesignerin lia sind es meist geometrische Muster einer komplexeren Mathematik, die - synchron zum begleitenden Musiktrack - wuchernde, gleichsam poetisch verdichtete Formen bilden.
In G.S.I.L.XII/ + verwendet lia zu Musik des portugiesischen Electronica-Trios @c, zwei, drei reduzierte Grundelemente, die sie phasengenau auf die Beats der musikalischen Vorgabe abstimmt. Im Zentrum steht dabei ein wiederkehrendes sternförmiges Grafik-Icon, das auf visueller Ebene der kleinsten Sound-Einheit entspricht. Dieser weiße Dreizack, der an die abstrahierten Kampfjets in frühen Computerspielen, an dynamisch geformte Hardrock-Gitarren, aber ebenso an biologische Sporen bzw. biomorphe Waffen denken lässt, wird unablässig mit angular leicht verschobenen Duplikaten seiner selbst überlagert. Im Rhythmus des @c-Stücks treten zu den sternförmigen Kaskaden immer wieder farbige, ringförmige Elemente hinzu, welche das geometrisch-abstrakte Tableau "viral" von den Bildrändern her zu infizieren beginnen. Einbruch des Biologisch-Wuchernden in das digital Aseptische, oder doch nur der notwendige grafische Kontrapunkt zu den in der Bildmitte immer dichter werdenden zackigen Fraktalen?
Entscheidend für die Arbeitsweise von lia ist, dass sie externe Sound-Inputs am Computer direkt visuell bearbeiten kann. Elektronisches Feedback und Obertöne werden damit in - je nach musikalischem Input-Level mehr oder wenige dichte - Schraffuren übersetzbar wie umgekehrt die geometrischen Texturen geradezu "auto-poetische" Dichtheitsgrade erlangen. Schließlich ziehen in G.S.I.L.XII/ + wiederholt Trennlinien und fadenartige Muster durch das Bild - Zeichen dafür, dass immer wieder Tabula Rasa geschaffen werden muss, wo eine neue, voll-synthetische Welt entstehen soll.
(Christian Höller)
G.S.I.L.XII/ +
2002
Österreich
3 min