Moscouw
Wie drückt man das Potenzial einer Kunst aus, die im Entstehungsprozess den Blick von außen als Gefahr braucht, wie zeigt man eine Künstlerin, die als Autorin von Selbstbildnissen nur sich selbst zuläßt? Diese Fragen sind konstitutiv für Joerg Burgers ungewöhnliches Porträt der künstlerischen Fotografin Michaela Moscouw: Denn Burger erhielt das Privileg, der öffentlichkeitsscheuen Künstlerin in einem intimen Gespräch zu begegnen, das aufzuzeichnen ihm jedoch (bloß) mit einem Tonband erlaubt war.
Moscouw ist das Porträt einer anwesenden Abwesenden. Ihr frei assoziierendes Fabulieren über das eigene Schaffen legt gleichsam die Fährte durch eine Flut fotografischer Selbstporträts, die Moscouw in verschiedensten Posen, Verkleidungen, Metamorphosen zeigen, zu Hause und an öffentlichen Orten. Die Kamera tastet die Bilder in ruhigen Bewegungen ab, während Moscouws hastige Rede die Bedingungen ihres Entstehens beschreibt, aber sie auch als existenzielle Spur verortet, als Spiel mit Voyeurismus und Provokation wie als erkenntnistheoretisches Projekt.
Burger zwingt jedoch keine Lesarten auf, vielmehr behandelt er Bild und Ton als zwei Instanzen, die sich annähern und doch fremd bleiben. Das Gespräch wird an einem hektischen Ort "nachgestellt", wo Hände vor automatischen Türen durch Fotos blättern. Und Moscouws Pleinair-Aktivitäten, die Burger mit beinahe menschenleeren Wald- und Wiesenimpressionen bebildert, sowie eine U-Bahnfahrt, vorbei an Wiens Peripherie, bezeugen das Verschwinden eines Subjekts - ein Prozess, der sich letztlich auch in Fotografien manifestiert, auf denen nur noch Schwarzweiß-Umrisse erkennbar sind.
(Dominik Kamalzadeh)
Moscouw
2001
Österreich
20 min