Verdrehte Augen (2. Version)
Ein Drama der Blicke, in dem die verdrehten Augen der Frau ihre sexuelle Überlegenheit und ihre Unterwerfung zugleich zum Ausdruck bringen: Dem impotenten Ehemann gegenüber, der das Auto nicht zu starten vermag, bekundet die auf dem Beifahrersitz zusehende Frau ihre Abschätzigkeit, indem sie die Augen verdreht. Die zwei Verfolger, die später von beiden Seiten in das Auto einzudringen versuchen, in das sie sich geflüchtet hat, kann sie nicht einmal im Auge behalten, indem sie es verdreht - in dem Moment, da sie den Blick zur anderen Seite wendet, verschafft sich der Eroberer den Zutritt, dessen er schon den ganzen Film über gewiß war.
Sein ruhiger, abschätzender, abschätziger Ausdruck im Gesicht, während er gelangweilt auf einem Zahnstocher herumkaut (wodurch sich eine ironische Nebenhandlung über Fleischzubereitung rechtfertigt), trifft nur durch die Mittelbarkeit der Montage auf den gefaßten, kühlen, passiven Blick der Frau. Zu Beginn sitzt sie in einem Korbstuhl, dem Möbel der sexuellen Befreiung seit Emmanuelle. Die beiden Männer sitzen im Freien, und suchen Zutritt zu den Räumen, die von der Frau besetzt werden. Verdrehte Augen ist narrativer als viele andere Filme von Dietmar Brehm, und doch in erster Linie strukturell: Denn die Großaufnahme des überlegenen Mannes (des Jägers, der abwartet) wirkt wie ein leitmotivischer Kommentar zu einer naturhaften, im pornographischen Film kanonisierten Geschlechterpolitik, in der die Frau zwei Formen des Begehrens ausgeliefert ist - dem ohnmächtigen und dem übermächtigen. Brehm endet mit einem Bild der Natur, wie er mit einem Bild aus der Nahrungskette begonnen hat.
(Bert Rebhandl)
Die found footage-Konstruktion zeigt zwei Beobachter, die sich beobachten, während die Beobachter von einer Beobachterin beobachtet werden, die wiederum von den Beobachtern beobachtet wird (. . .) Am Beginn des Films wird Fleisch für ein Gulasch geschnitten und in der Folge bedrängen die Beobachter die Beobachterin immer mehr . . .
Obwohl das found footage-Material aus einem harten (möglicherweise französischen) Pornofilm stammt, sind die Darsteller der Verdrehten Augen durchgehend bekleidet (. . .) der Film zeigt eine betont langsame und erzählerische Bilderfolge, die sich letzlich, durch mehrere Kreisformen hindurch - gleichfalls aber auch linear - auflöst. Verdrehte Augen, Version 2, so wie er sich jetzt zeigt (die 1. Version ist länger und verschlungener) ist ein Film für sich. Die ursprüngliche Absicht, diesen Film mit weiteren Material (z. B. der Filme Zentrale, Kalkito und mehr) auf mehrere Kapitel auszudehnen, ist zur Zeit aufgegeben.
(Dietmar Brehm)
Verdrehte Augen (2. Version)
2002
Österreich
12 min