firn
firn knüpft dort an, wo die Fernsehspiele der 70er und frühen 80er Jahre (wenigstens was den österreichischen Film betrifft) aufgehört hatten, bei der Schilderung ländlicher Milieus. Während diese mit den Auswirkungen Epoche
machender Bewegungen wie der Landflucht und der gesellschaftli- chen Modernisierung konfrontiert waren und dementsprechend versuchten, das Milieu auf allgemeine Aussagen hin zu überschreiten, konzentriert firn seine Aufmerksamkeit auf das Mittlere des Milieus: Auf Handlungen und Aussagen, welche die Situation, in der sie gemacht werden, nicht überschreiten, ohne sie zuerst in einem bestimmten Sinn zu konstituieren.
Besuch kommt. Es ist der Sohn, der in der Stadt lebt und bildende Kunst studiert. Vom Vater wird er abgeholt, dem Bruder begegnet er im Stall, wo dieser gerade die Kühe versorgt. Sie tauschen Begrüßungsfloskeln aus, das Angebot, bei der Arbeit mitzuhelfen, weist der Bruder zurück. Keine dialektische Spannung zwischen Nähe und Distanz wird hier aufgebaut, bzw. nicht nur, sondern gezeigt, dass eine Trennung vollzogen und akzeptiert wurde. Die Trennung schmerzt, der Schmerz aber ist vorüber. Darin besteht die Situation. Das anschließende Gespräch in der Stube wird diese vertiefen und erweitern: Hinter den Floskeln lauert zwar der Gegensatz, der die Figuren trennt, aber der Gegensatz ist nicht das Ende. Er bleibt auf die Situation bezogen, und überschreitet sie nicht, ohne sogleich selbst von der Situation überschritten zu werden.
Tagsüber wärmt die Sonne schon kräftig, während es nachts noch gefriert. Liegt Schnee, entsteht "Firn", eine Vorstufe von Gletscher-Eis.
(Vrääth Öhner)
firn
2003
Österreich
12 min