Exploration
"Exploration" bedeutet sowohl "Erforschung" als auch "Untersuchung". Im Film gleichen Titels werden beide Bedeutungen simultan verhandelt, und zwar in einer Art Engführung, indem der Film eine Untersuchung auf eine Weise zeigt, dass dabei zugleich das Zeigen erforscht wird. Die Untersuchung findet im Feld der Psychiatrie statt. Sie besteht in einem Gespräch zwischen einer Analytikerin und einer Analysandin. Ergebnis einer solchen Untersuchung ist normalerweise ein Krankheitsbild. Irgend etwas stimmt aber nicht bei dieser Untersuchung, und dieses Etwas geht von Anfang an über die bloße Präsenz der Kamera hinaus. Was da nicht stimmt, muss mit der Art und Weise zu tun haben, wie das Gespräch gezeigt wird und die verhindert, dass ein Bild (sei es ein Krankheitsbild oder ein anderes, etwa vom Typ des Im-Bild-Seins) entsteht: Die Kamera isoliert die beiden Personen, die mit- oder aneinander vorbei sprechen, in nahezu gleichbleibenden, halbnahen Einstellungen. Offenbar interessiert sie sich mehr für das Trennende denn für das Verbindende des Gesprächs - dafür, wie Aussagen aufgenommen und Fragen beantwortet werden. Man könnte sagen, sie produziert Bilder, hält aber die Stelle des letzten Bildes offen, des Bildes also, das den vorangegangenen und nachfolgenden Bildern ihre endgültige Position zuweist. Damit werden nicht nur die Positionen von Analytikerin und Analysandin unsicher und zuletzt austauschbar, sondern auch die scheinbar neutralen Positionen der filmischen Aussageinstanz ebenso wie die des Publikums qualifiziert. Irgend etwas stimmt nicht - nicht zuletzt an der als unproblematisch vorausgesetzten Verbindung von Sehen, Hören und Verstehen, die Exploration erforscht.
(Vrääth Öhner)
Exploration
2003
Österreich
19 min