Structural Filmwaste. Dissolution 1
Structural Filmwaste scheint zunächst wie eine Replik auf Ästhetiken und Praktiken aus der Geschichte der österreichischen Filmavantgarde: Filmreste (Ernst Schmidt jr) werden in einer zweigeteilten Leinwand – zeitlich leicht versetzt – nach strengen Kaderplänen montiert (Kurt Kren), um dadurch einer fast musikalischen Struktur zu gehorchen, wobei das erkennbare Filmmaterial schließlich in der rhythmisierten Abfolge der visuellen Grundelemente Weißbild und Schwarzbild (Peter Kubelka) aufgeht.
Fruhauf, in früheren Arbeiten selbst ein "Filmhandwerker", versteht es aber, in seine Hommage an die Filmkunst zugleich einen Paradigmenwechsel einzuschreiben. Die Abfälle aus der Dunkelkammer werden so übereinandergelegt und neu belichtet, dass die Ränder des Kaders sichtbar werden, die Klebestellen, Kratzer, Bildstriche, Perforationslöcher. Dass es sich auch dabei um "Bilder" handelt, gibt der einkopierte Schriftzug "Bild" zu verstehen, der sich für Sekundenbruchteile zu erkennen gibt. Somit folgt Fruhauf hier zu Beginn noch einer klassischen Filmavantgarde, der es um die Ausstellung der Kinoapparatur und der filmischen Materialität geht. Zunehmend löst sich dann das Bildmaterial aber seinerseits auf in einem Weiß, das unverkennbar digitalen Ursprungs ist. Die vormaligen Kratzer in der Emulsion des Filmstreifens erscheinen jetzt wie die dunklen Zeilen in einem grobgerasterten Videobild. Das analoge Filmbild wird abgelöst vom elektronischen des Videos, die haptische Qualität des Materials geht in die rein optische eines vom Computer generierten flächigen Weiß über. Nicht nur das Bild sondern sein Träger, das Material selbst, erweist sich als das Illusionäre, die ursprüngliche kinematographische Apparatur ist dabei schon längst nicht mehr vorhanden.
(Gerald Weber)