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Michaela Schwentners Video zum Track "r4" des Wiener Trios Radian übersetzt die Abstraktheit der musikalischen Vorlage in ein reduziertes, aber konkretes Einzelbild: Die Kameraeinstellung, die die auseinanderlaufenden Schienenstränge eines Bahnhofes und einen gerade abfahrenden Zug zeigt, wird mittels verschiedener Filter auf ein grobkörniges, an Super 8-Ästhetiken erinnerndes Schwarzweißbild gedimmt. Die so behandelte Szene wird zu einem neuen, von unsichtbarer digitaler Hand gesteuerten, stotternden Bewegungsablauf zusammengesetzt. So schleppt sich der reptilartige Zug schwerfällig aus dem Kader, wobei diese Entleerung inhaltlich das nachvollzieht, was in der formalen Reduktion schon eingangs festgehalten ist. Vieles von dem, was das musikalische Prinzip von Radian kennzeichnet, findet sich auch in Schwentners Arbeitsweise wieder: der Einsatz von Analogsynthesizer-Sounds etwa, dem Schwentner ein realitätsanaloges Standbild entgegenhält; die Akzentuierung des knisternden Hochfrequenzbereiches, dem im Video ein ausgebleichtes, schemenhaftes Schwarzweiß - mit Betonung auf Weiß - entspricht; der sachte vor sich hinpochende Rhythmus, der seine visuelle Umsetzung im Bild des allmählich vorwärts ruckelnden und scheinbar doch nicht von der Stelle kommenden Zuges findet; schließlich die ständig drohende Auflösung der Soundkonturen in ein verzerrtes Rauschen, der das Video mit seiner eigenen Bildentladung begegnet. Am Ende ist er abgefahren, dieser Mystery Train des elektronischen Zeitalters. Kein Blues, klein Rock-Mythos, keine neue Frontier, die ihn irgendwie zurückholen könnten. Was bleibt, ist ein flirrendes, instabiles Nachbild davon, dass die zentrale Figur den Schauplatz verlassen hat. (Christian Höller)
r4
2000
Österreich
5 min